Statt eines Vorworts

While riding on a train goin’ west
I fell asleep for to take my rest
I dreamed a dream that made me sad
Concerning myself and the first few friends I had...

How many a year has passed and gone
And many a gamble has been lost and won
And many a road taken by many a friend
And each one I’ve never seen again

I wish, I wish, I wish in vain
That we could sit simply in that room again
Ten thousand dollars at the drop of a hat
I’d give it all gladly if our lives could be like that
Bob Dylan's Dream, 1964

Samstag, 22. September 2012

Highway to hell / Hell's bells


Highway to hell / Hell's bells
AC/DC, 1979/1980

Die Geschichte des Rock n Roll ist sicher auch eine voll von Widersprüchen. Im Laufe der Jahrzehnte kehrte er mehr und mehr seine kommerzielle Seite hervor und heute ist es völlig selbstverständlich, dass die Musikindustrie die Oberhand und das Moneymaking ganz vorne ansteht. Andere Zeiten haben Anderes erlebt. So konnte man früher, ja, man musste früher in der Lage sein, das Arsenal der bürgerlichen Werte und Ordnung zumindest für die Dauer eines Songs in Frage zu stellen. Die australische Rockband AC/DC gehört heute zu den Supergroups alter Tage, die Stadionrock bevorzugen und nebenbei Wein und Bier unter ihrem Bandnamen verkaufen. Dies ist im Hinterkopf ist es eine sehr interessante Zeitreise 30 Jahre zurück in die Jahre 1979/1980, als die Gruppe zwei ihrer größten Erfolge produzierte, die heute zu den 100 meistgespielten und beliebtesten Songs gehören: „Highway to hell“ und „Hell's bells.“ Von Beginn an waren sie Erfolge, heute aber sind sie Bestandteil der Party- und Eventkultur, eine ganz neue Art von gesunkenem Kulturgut, die irgendwann einmal reflektiert werden müsste. 


http://www.youtube.com/watch?v=40sGruiDcbo&feature=related                                                              AC/DC - Highway To Hell Live River Plate 2009

Highway to hell“ von 1979 ist zunächst eine der bekannten Mitmach- und Mitsing-Hymnen der Rockgeschichte, wie sie häufiger vorkamen. Der Song erzählt die Geschichte eines Mannes, der offenbar sein Leben bis zum Exzess auslebt, der keine Rücksicht nimmt auf nichts und der mit dem Gedanken kokettiert, als Preis für seinen ausschweifenden Lebensstil in ferner Zukunft zur Hölle zu fahren. Dies sind die frühen Glücksversprechen des Rock'n'Roll, wie sie am Ende der 60er Jahre einer ganzen Reihe von Protagonisten das Leben gekostet haben. Nun sagt er nichts davon, dass er möglicherweise mit dem Teufel, des Herrschers über die Hölle, schon wie einst Faust, im Geschäft sei, aber vermutlich ist dies seiner Überzeugung nach der Preis, den man als Sänger einer Rockband zu zahlen haben wird, wenn abgerechnet wird:

Hey Satan,
Payin' my dues,
Playin' in a rockimg Band,
Hey Mamma
Look at me
I'm on my Way to the promised Land.

Die Hölle als das gelobte Land, das Land in dem Milch und Honig fließen, von Gott seinem auserwählten Volk versprochen für sein Leiden in der ägyptischen Fremde? Satan wird direkt angesprochen und wie ein Beckmesser darauf hingewiesen, dass der Sänger all seine Schulden begleicht, die durch seine Mitgliedschaft in einer Rockband entstanden sind. Seiner Mutter oder seiner Geliebten ruft er zu, er sei auf dem Weg ins gelobte Land. 
Ausgiebig wird der ausschweifende Lebensstil des Rock beschrieben, in dem nichts ausgelassen wird,

Livin' Easy
Lovin' Free,
Season Ticket on a one Way ride,
Askin' nothing
Leave me be.

Es ist ihm klar, dass dieser Weg eine Einbahnstraße ist, dass es kein Zurück mehr geben wird, wenn man ihn einmal eingeschlagen hat. Niemand verspricht mehr, als dass es auf dem Weg in die Hölle nur Laster und Sünden gibt, süße Verlockungen, denen nachzugeben die direkte Reise in die Hölle zur Folge hat. Hier kämpft niemand für das Gute, niemand opfert sich für etwas, das größer wäre als ein menschliches Ego. Kein Wunder also, dass dieser Lebenswandel am Ende mit der Höllenfahrt belohnt, beziehungsweise bestraft wird. Insofern stimmen offenbar alle Warnungen, die Vater, Mutter, Lehrer, Pfarrer und andere Autoritäten immer und immer wieder verkündet hatten: Wer nicht auf dem Weg der Tugend wandeln möchte, der fährt geradewegs zur Hölle. Da ist also zwischen den braven Bürgersleuten und den wilden Rockern gar kein Gegensatz mehr. Nur dass der eine tut, wovor ihn der andere gewarnt hat, nur dass der eine bei Lebzeiten auf der Erde von all den Köstlichkeiten versucht, die der Teufel ihm versprechen kann. 

Vielleicht hat es bereits doch einen Handel mit dem Höllenfürsten gegeben, vielleicht hat ihm der Rocker seine Seele für ein orgiastisches Leben, das aus dem Vollem und dem Letzten schöpfen soll, versprochen. 
Entscheidend ist, dass dieser Deal zwischen Mensch und Teufel keinerlei Zweifel an seiner Richtigkeit bewirkt. Anders als Faust zum Beispiel verliert der Sänger keinen Gedanken daran, dass er irgendwann irgendetwas bedauern könnte. AC/DC als Urheber dieses Songs und dieser Geschichte stellen die alte Geschichte vom Verlustgeschäft mit dem Teufel nicht in Frage, sie stellen die alte Sage nicht richtig und sie belehren uns keines Besseren. Es ist die alte Legende des Rock auf die Spitze getrieben, das alte live fast, die young. 

AC/DC Hell's bells, live

Auf dem 1980 erschienen Album "Back in Black" war „Hell's Bells“ der erste Track. Er nahm das Höllenmotiv wieder auf, nur noch konsequenter und noch drastischer, weil nun Satan selbst zu Wort kam. (Inwieweit dies eine Verarbeitung des Todes des Leadsängers Bon Scott war, kann hier nicht geklärt werden.) Während der „Highway to hell“ noch die ekstatische Beschreibung der Reise in die Hölle und grenzenlose Lebensbejahung war, kann man sich Satan am Tor zur Hölle sitzend vorstellen und sich von dort seinem Publikum vorstellend. Während er auf seinen ersten Gast wartet:

I won't take no prisoners, won't spare no lives
Nobody's putting up a fight
I got my Bell, I'm gonna Take you to hell

Der Teufel ist ein selbstgefälliger, sich seiner Sache völlig sicherer Herrscher, der sich eitel im Glanze seiner höllischen Fähigkeiten sonnt und den Menschen klar macht, dass sie gegen ihn ohne Chance sind. Gott taucht hier nur als Antipode auf, der die linke Seite besetzt hält, während Satan sich rechts aufhält. Der Teufel, das personifizierte Böse in der Welt, ist sich so sicher, dass er ohne echte Konkurrenz dasteht, dass er sie noch nicht einmal richtig würdigt. Er ignoriert seinen größten Konkurrenten und lehrt seine Zuhörer ob dieser Verwegenheit das Fürchten. Das Böse ist stark, das Böse ist verführerisch und es ist offenbar kein Mittel gewachsen, den Versuchungen durch das Böse auszuweichen. Anders als der Teufel bei den Rolling Stones in „Sympathy for the Devil“, ist dieser Teufel nicht sympathisch, er ist kein Mann von Geschmack und Bildung, er ist kein smarter Verführer, kein sanfter Überredungskünstler. All das hat er nicht nötig, solange sich ihm junge Männer derart überlassen wie es der junge Mann auf dem „Highway to hell“ schon getan hat. Die Glocken der Hölle stimmen den Hörer keineswegs froh ob der Zukunftsaussichten, zumal keine Stimme aus dem Himmel zu vernehmen ist, die Erlösung und Rettung verspräche. 

Die Handlungsmöglichkeiten und Entscheidungsprozesse des Menschen sind dementsprechend eingeengt und wenig verlockend. Wo am Ende die Unterschiede zwischen dem Gastgeber in der Hölle, dem Teufel, und seinen potentiellen Gästen, den Menschen, besteht, wird wohlweislich nicht thematisiert. Bob Dylan hat es auf den Nenner gebracht, dass jeder Mensch irgendjemandem dienen müsse, sei es der Teufel oder sei es Gott. Dylan schien dem Menschen noch eine Wahl lassen zu wollen, AC/DC gingen da einen Schritt weiter:

Hell's Bells, they're takin' you down
Hell's Bells, they're draggin' you around
Hell's Bells, gonna Split the Night
Hell's Bells, there's no way to Fight, yeah.

Vermutlich würden diese Songs, wären sie erst in dieser Zeit entstanden, spektakuläre Skandale und Diskussionen über Satanismus und Verderbtheit provozieren. Heute aber sind sie einfach da und ebenso die feixende „Sympathy for the devil.“

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