Statt eines Vorworts

While riding on a train goin’ west
I fell asleep for to take my rest
I dreamed a dream that made me sad
Concerning myself and the first few friends I had...

How many a year has passed and gone
And many a gamble has been lost and won
And many a road taken by many a friend
And each one I’ve never seen again

I wish, I wish, I wish in vain
That we could sit simply in that room again
Ten thousand dollars at the drop of a hat
I’d give it all gladly if our lives could be like that
Bob Dylan's Dream, 1964

Dienstag, 30. Oktober 2012

Coyote Moon

Coyote Moon 
Terry Callier, 1997
Remembering.

Selbst in Kennerkreisen war der Name Terry Callier nur den Spezialisten unter den Experten bekannt. Terry Callier war ein amerikanischer Folk-Jazz-Singer und Songwriter, der Ende Oktober 2012 in Chicago gestorben ist. Zu seinem Vermächtnis gehört nun auch die 4:51 Minuten lange Ballade "Coyote Moon" aus dem Jahre 1997. Wer Callier kennenlernen wollte, musste darauf vertrauen, von anderen Eingeweihten auf ihn hingewiesen zu werden oder gar eine komplette CD gebrannt zu bekommen. Ein gewisses Gefühl der Dankbarkeit für ein solches Geschenk ist dann durchaus angebracht. "Coyote Moon" ist der achte Track auf dem Album "TimePeace."



Calliers ein wenig spröde, wenig geschmeidige Stimme berichtet hier von einem Bewohner der Städte, der sich offenbar am Scheideweg seines Lebens befindet, an dem er sich die Frage stellen muss, ob er bleiben oder gehen soll. Es ist Spätsommer, Frühherbst in der Stadt, Herbstluft liegt über allem, die ersten Nachtfröste färben die Sterne silbern. Der Sänger ist im Angesicht der herbstlich sich verändernden Natur allein:

It sure is nice out there
The city drives me crazy, so I’ll be leaving soon
Do you have a place for me, Coyote Moon?

Die Stadt macht ihn verrückt, bringt ihn durcheinander und deshalb will er sie bald schon verlassen. Der Herbstwind bringt eine Atmosphäre der Veränderung in die Stadt und die veranlasst ihn, seinen offenbar lang gehegten Wunsch fortzugehen in die Tat umzusetzen. Deshalb bittet er den Vollmond, dem mysteriösen von Legenden umflorten Erdtrabanten am Himmel, ihm beizustehen und ihm einen Platz in der Welt zu zeigen:

Coyote Moon, shine your light on me
Coyote Moon, set my spirit free
Coyote Moon, I need some company
Do you have a place for me, Coyote Moon?

Was ihn letztendlich zu diesem Entschluss getrieben hat, wird nicht deutlich, darüber verliert der Sänger kein Wort. Aber die Entscheidung steht, scheint endgültig getroffen. Schon hat er der Stadt innerlich den Rücken gekehrt, wenn er zu den Bergen schaut und seine Einsamkeit deutlicher spürt:

When the fog rolls down the mountain on the eastern wind
I’m just as lonely now as I have ever been
The city makes me crazy, and no elbow room
Save a place for me, Coyote Moon

Die Einsamkeit seines bisherigen Lebens hat ihn vor Zeiten in die Stadt getrieben, doch hat dieser Schritt nichts an seinem emotionalen Zustand,seiner Leere geändert. Immer noch ist er allein und fühlt sich inmitten des Großstadttrubels einsam und unsicher. Die Härte des Citylebens treibt ihn schließlich wieder hinaus und zurück an einen Ort, von dem er gar nicht weiß, ob es ihn noch gibt oder ob er dort noch Willkommen ist. Seine Enttäuschung über die Gegenwart lässt ihn in die Vergangenheit flüchten. In Gedanken geht er zu den Tagen zurück 

When me and my companions would serenade the night
It was such a lonesome lullaby

Der Sänger/Erzähler befindet sich in der Zeit des Übergangs, wie das Jahr nach der Sommerhitze sich auf den kühlen Herbst und den kalten Winter vorbereitet, geht er ebenso kühlen Zeiten entgegen, in denen er sich sein altes und sein neues Leben wird zurückerobern müssen. 

Do you have a place for me, Coyote Moon? Ohuuuuuu....
Coyote Moon, shine your light on me...
Did you save a space for me, Coyote Moon?

Wird es dort, wo er hingeht, wo er einmal herkam, einen Platz für ihn geben? Wird sich die Rückkehr als Erfolg ausweisen, die ihm hilft, die Erinnerungen an eine traurige Zeit in der Stadt zu vergessen? Er ist sich offenbar nicht wirklich sicher und die melancholische Stimmung des Herbstes illustriert seinen Gemütszustand und seine Unsicherheit angesichts der Tragweite der Entscheidung, die er im Begriff ist zu fällen.
Mit welchen Erwartungen soll er denn heimkehren, wenn sich seine Träume im ersten Anlauf schon nicht verwirklichen ließen? Woher sollte er seine Zuversicht nehmen, wenn alle Anzeichen dafür sprechen, dass sein Alleinsein noch nicht vorbei ist. Hat er Freunde in der Stadt gewonnen oder sie im harten Kampf mit den Ellbogen verloren? Hat er eine Liebesbeziehung gehabt oder sie im verrückten Treiben der Stadt verloren? Was hat er versucht? Woran ist er gescheitert? Und warum ist ihm die Rückkehr keine größere Verheißung von Glück und Zufriedenheit? Was erwartet ihn wirklich dort, wo sein Weg einst begann? Fragen, die unbeantwortet bleiben und dem Text seine Gefühlsschwere lassen, seine entschlossenen Zweifel und seine zögerliche Melancholie. Fast wie im richtigen Leben. Ende offen.

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